Love A – Wenn man sie kennt, darf man getrost die Regeln brechen

LOVE A – 10.06.2016, Beatpol, Dresden –

Das neue Album ‚Jagd und Hund‘ zu nennen, deutete bereits eine gewisse Zerissenheit an. Und mit jedem präsentierten Song auf der uns längst liebgewonnen Beatpol Bühne, schwangen sich die vier Männer im Fahrwasser rockiger Indie-Wellen auf, uns mit ihrer derben musikalischen Kraft aufzuzeigen, an welchen Enden im Leben wirklich Schluss ist und in welchen Enden ein neuer Anfang innewohnt, wenn man sich entscheidet seinen Kopf einzusetzen!

Es schien so, als müssten die Mannen um Jörkk Mechenbier für jedes Lied soviel Kraft aufwenden, um ihre Aussagen an der richtigen Stelle im Zuhörer unverlierbar zu platzieren, so dass am Ende jedes einzelnen Liedes eine Weggabelung auftauchte und entschieden werden musste: Machen wir hier genauso weiter, haben die es gerafft oder geben wir einfach auf? Also Ende oder Anfang? Gefühlt hingen Love A bereits mit einem Bein über dem Abgrund, wie mit Absicht beharrlich versagend, um sich trotzdem mit aller Entschlossenheit am Seil festzuhalten, um doch nicht endgültig abzustürzen. Den einen Hoffnungsschimmer greifend, der Mut und Kraft verleiht, nicht runter zufallen, weil die Menschheit scheinbar doch noch zu retten ist. Herrlich beschrieben im Song ‚Regen auf Rügen‘.

Von allen Saiten

Nach dem grandiosen Konzert von Human Abfall neulich, wieder einmal ein absolut abgefahrenes Konzert einer Band, welche mit ihrer besagten Gratwanderung alle im Saal mitriss, inklusive unseres Capitanos und meiner Wenigkeit. Es war an dem Abend überhaupt nicht möglich sich der Power, den Worten und den Rhythmen von Love A zu entziehen. Ich fühlte mich teilweise wie unter einer Haube aus Glas, unter welcher mir die Bässe, Delay-Linien und Aussagen von vorn, hinten, links und rechts um die Ohren flogen. Ich war wie gefangen, regungslos starr in die Frequenz der Post-Punker implementiert. Ich konnte nicht mal twittern. Und das sagt schon einiges. Hatte ich einen Song „überstanden“ und rettete ich mich in eine Pause, so wie Frontmann Jörkk Mechenbier selbst, so schien es, zählte Drummer Karl Brausch schon wieder 1…2…3…4… und die nächste Welle startete in den Saal.

So aggressiv, zerreißend und zerstörend auch dieses Konzert war, es schien trotzdem immer hinter der nächsten Note ein positiver und hoffnungsvoller Schimmer. Es fühlte sich an wie eine unvermeidliche Gehirnwäsche, die erst das Oberstübchen leer bließ, um danach die kleinen zerbrechlichen Pflänzchen wie Menschlichkeit, Liebe, Standhaftigkeit und Nächstenliebe einzupflanzen. Wie ich finde, nicht die schlechteste Idee, immerhin sollten das die Triebe unserer lebendigen und friedfertigen Gesellschaft sein.

 

Punk in der finalen Epoche?

Wie lange müssen wir euch noch penetrieren, damit ihr es begreift? Ihr bekommt es direkt an den Kopf, warum lasst ihr es nicht hinein? So oder so ähnlich möchte ich die musikalische Bitte von Love A ans Volk, sich endlich mit den sozialkritischen und politischen Themen auseinanderzusetzen, verstehen. Und jede einzelne Liedzeile kann dabei für sich stehen. Fast wie eine Headline, welche man sich über Abschnitte im eigenen Leben schreiben könnte.

Ein fantastischer ambivalenter Konzertabend, wiedermal, wo eine Punkpeitsche nach der anderen mein Gemüt zerpflückte und ich euch innerlich heran rief: Kommt alle her, dass müsst ihr erleben!

Man muss nicht alles mögen,
man muss nicht alles ändern wollen,
man würde gern verstehen,
man würde gerne weghören können!

Eine der vielen treffenden Aussagen gesungen in ‚100.000 Stühle leer‘. Ein Song der die Gefühle in Bezug auf das aktuell Flüchtlingsthema in jeder Zeile zu 100 % erwischt! Mein Herz sagt danke, für diese wunderbare Hymne!

 

Wie ein Güterzug mit unzähligen Hängern donnerte Love A an dem Abend über mein persönliches Gleis. Eigentlich sollte man schleunigst vom Gleis springen, wenn ein derartiger Zug heranrauscht, aber ich ließ mich einfach überfahren. Unzählige Ritte durch das Album im Nachgang, konnten meine in Stücke gefetzte Seele wieder zusammenbauen.

Und wenn es letzte Lieder geben sollte, welche ein Konzert in dieser Form abrunden, müssen es ‚Brennt alles nieder‘ und ‚Windmühlen‘ sein. Der Saal sang aus vollen Kehlen, kein einziges Wort wurde unterschlagen.

Brennt alles nieder, fickt das System!

Selbst als Love A nach getaner erster Zugabe die Bühne verlassen hatten, hielt der Beatpol zitierte Headline hoch und sang sie so lange weiter, bis die Band zur zweiten Zugabe erschien. Chapeau, die Herren und danke!

Es war in kurzen Abständen die zweite rasante, derbe und dreckige Post-Punk Band mit eindeutig politisch und sozialkritischer Attitüde. Es regt an, intensiver über Themen nachzudenken, nicht alles hinzunehmen, sich viel mehr Zeit zu nehmen, um vermeintlich gesetzte Dinge zu hinterfragen.

Denk, denk, denk nochmal nach lieber Staat!
Die Menschen kaufen sich Affen!

Euer Zweikanal

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