Bevor ich mich ein wenig dem neuen Album ‚Interzone‘, meiner heimlichen musikalischen Liebe Trümmer widme, möchte ich kurz einen Blick zurück in die jüngere Vergangenheit werfen.
Kennengelernt hatte ich Trümmer mit der vermeintlich besten Punk-Underground Hymne ‚Wo ist die Euphorie‘ vom selbst betitelten ersten Album. Entdeckt als Querverweis zu Messers ‚Neonlicht‘, sog sie mich förmlich in die Musik der norddeutschen Punkband Trümmer hinein. Zack, gekauft und es lief hoch und runter. Konzert besucht, es für wahnsinnig geil befunden und Trümmer war drin in meinem großen Punkerherz. Soviel in Ansätzen zum Kennenlernen-Prozess von uns beiden.
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Und das ich nun das zweite Album mit größter Spannung erwartete, könnt ihr euch sicher vorstellen. Release Datum des Trümmer Albums ‚Interzone‘ war der 29.04.16. Soviel zu den Fakten. Damit möchte ich auch schon in das Album einsteigen.
Als harmoniesüchtiger Punker, so finde ich meinen Musikgeschmackt am Besten beschrieben, ist der Start für mich mit ‚Wir explodieren‘ schier phänomenal gelungen. Für mich eben gerade die absolute Pop-Punk Hymne, welche hier fast ohne Pause läuft und mich gnadenlos mit Energie versorgt. Mit diesem Song fühle ich mich fast unschlagbar und könnte wohl jede noch so große Hürde überwinden. Alles klatscht in mir Beifall und schreit wiedermal innerlich „Bravo“.
Skippe ich weiter zu ‚Neoncity‘ fühle ich mich zu allererst einmal freundlich empfangen von Paul Pötsch, Frontmann, Rampensau und scheinbares Mastermind von Trümmer. Ein gefühlvoll gehauchtes „Hallo“ nimmt nun für einen Moment das Tempo raus und ich fange an, mich etwas auf das neue Album einzulassen. Wäre ja zu schön gewesen, zehn Punkrock Bretter hintereinander abzufeiern. Was mir allerdings sehr ins Ohr gefallen ist, ist die teilweise sehr gehauchte Stimme von Paul Pötsch, fast so, als würde er Heimlichkeiten verbreiten oder müsste seine Jünger zu verbotenen Dingen verführen. Das gilt natürlich nicht für die Schreiattacken im hinteren Bereich des Albums.
Schöne Grüße aus der ‚Interzone‘ lassen im Anschluss wieder das Blut im Tanzbein zum Sieden bringen. Das Pendel schlägt dann wieder etwas mehr in Richtung Rock aus.
Dem locker leichten ‚Interzone‘ folgt ‚Nitroglyzerin‘ als Ausbruch in etwas funkigere Bereiche. So richtig wusste ich mit dem Lied allerdings nichts anzufangen. Lediglich der Refrain ließ mir ein kleines Fenster ohne Vorhang offen, wodurch ich den vermeintlich wahren Sound der Band erhaschen konnte.
Mit ‚Dandys im Nebel‘ und ‚Wie betrunkene Astronauten‘ poppt es etwas unentschlossen dahin. Unentschlossen deshalb, weil ich fest damit gerechnet habe, dass sich Trümmer auf ihrem zweiten Album an einem Sound festbeißen. Aber das ist keineswegs der Fall. Das Album ist locker, teils unnahbar und wenn man denkt, jetzt ist man drin, stößt es mich als Zuhörer einfach wieder weg. Es behandelt mich wie eine Stiefmutter (ich hatte zwar nie eine), mal als Mutter, mal mehr als Stief. Fast so als wären Trümmer selber noch nicht in der Lage, ihre Schwankungen im Sound zu kontrollieren. Musikalisch verkopft könnte man meinen. Poppige Texte mit ausgetüftelten Melodien, abwechslungsreich, hingebungsvoll und trotzdem manchmal sperrig. Auf den nächsten Longplayer des Trios bin ich bereits jetzt gespannt.
Aus dem Blickwinkel eines Stiefsohnes möchte ich es aber liebevoll als „Übergangsalbum“ bezeichnen. Manchmal ordentlich schrammelig und schreiend wie bei ‚5:30‘, nachdenklich bei ‚Wozu noch Angst‘ und absolut durchgedreht bei ‚Europa Mega Monster Rave‘. Die Hörprobe dazu hatte ich im letzten September in der Scheune bereits schon mal in einem Instagram-Video festgehalten. Was für ein geiler Song, wie ein offen loderndes Feuer für die Liebe in einem weltoffenen und ehrlichen Europa. Ein tolles Statement!
Nach den beiden letzten Jahren mit vielen Auszeichnungen, Auftritten, Preisverleihungen, Festivals und einem neuen Album gönnt man Trümmer erstmal eine Pause, denn die drei Hamburger Jungs scheinen vom Leben in den letzten beiden Jahren ordentlich auf die Überholspur geschickt worden zu sein.
Ein Trümmermann