Post-Rock mit Ef und God Is An Astronaut im Werk2 Leipzig

geschrieben von Heike, Rupert und einem weiteren Fan

Drei unglaublich begeisterte Konzertgänger:innen (davon zwei absolute Post-Rock-Fans und ein Newbie, ich) taten sich für diesen Blogbeitrag zusammen und herausgekommen ist der wohl längste Konzertbericht der Welt. Nur schwarze Buchstaben auf einem digitalen weißen Blatt Papier. Nichts weiter. Bedeutungslos? Aber für uns drei Schreiberlinge ein Stück festgehaltene Erinnerung eines wundervollen Konzertabends mit großen Emotionen und dieser atemberaubenden Musik von Ef und God Is An Astronaut.

Ein Post-Rock Newbie auf ihrem ersten Post-Rock Konzert

Ja, das bin dann wohl ich, Heike! Deswegen fange ich auch mal an und halte mich auch ganz kurz. Ich kenne noch das genaue Datum als ich das erste Mal von Ef erfuhr. Es war am 31. August 2019 im Apfelgarten des Dresdner Societätstheaters beim The Sound Of Bronkow Festival. Ein Fan, der mich schwärmend vom Post-Rock-Genres in einem Gespräch umwickelte, ist der Schuldige. Damals, es kommt mir vor wie eine Ewigkeit, begann meine kleine Post-Rock-Ära und ich tauchte ab in dieses Genres, welches mir bis dahin total verborgen geblieben war. Ich bin immer noch unendlich dankbar für diesen sanften Hieb des Universums als diese Musik zu mir kam und mir so viele wundervollste und intensivste Momente geschenkt hat.

Ich möchte auch gar nicht viel zum Konzert und zur Musik schreiben, das könnt ihr dann alles weiter unten von den beiden Post-Rock-Spezialisten lesen. Ihr seid von mir Sentimentalitäten gewohnt, also bekommt ihr sie. Dieses Konzert wird nicht in die TOP 3 der besten Konzerte eingehen, aber definitiv in die TOP 3 der für mich bedeutendsten. Vielleicht als kleines Krönchen auf eine besondere Zeit in meinem Leben oder doch eher als der letzte Punkt hinter meine persönliche Post-Rock-Geschichte? Vielleicht. Aber ich denke eine Fortsetzung könnte folgen. So hoffe ich.

Aber hier folgt erstmal eine kleine Fotogalerie und dann der Erguss der Spezialisten. Lest also unbedingt weiter. Jetzt erst wird’s interessant!


Der Post-Rock-Spezialist über zwei komplett unterschiedliche Welten des Genres

geschrieben von Rupert

Ich bin Post-Rocker mit Leib und Seele und lasse mich zu gern in diese komplexen Musikstrukturen fallen und dann treiben. Also musste ich unbedingt auf dieses Konzert nach Leipzig ins Werk2 gehen, bei dem gleich zwei Größen aus der Szene zusammengetroffen sind. Beide sind Wegbereiter dieses Genres, wenn auch in gänzlich unterschiedlichen Subklassen. Grob könnte man Ef und God Is An Astronaut unterscheiden in:

  • Sphären und Dynamik vs. treibender vertrackter Beat
  • Ambient/Cineastik vs. Metal
  • flirrende klare Fender-Amps vs. verzerrte Marshall-Stacks
  • schwelgen vs. zappeln

Auf Ef bin ich vor etwa 20 Jahren zum ersten Mal gestoßen und war sofort begeistert. Man könnte also sagen, ich war Fan der ersten Stunde. Der Grund dafür ist dieses schwer übertreffbare Maß an Dramaturgie. Für mich hören sich die Songs an wie unglaublich vielseitige Geschichten, welche durch die musikalische Komplexität entsteht. Am Anfang ist da oft nur ein kleines Staubkorn, dass spielerisch vom Wind getragen wird, indem lediglich eine Gitarre extrem reduzierte Single-Notes spielt und am Ende steigert sich das Ganze zu einem riesigen Felsmassiv, an dem jeder Tornado abprallt.

Dieser Zustand, diese Wall of Sound, entsteht, wenn bis zu drei Gitarren, ein Streicher, ein Piano/Synth, ein kraftvolles Schlagzeug und ein leidenschaftlicher Gesang sich zu Ekstase aufschaukeln. Und genau aus dem Grund wollte ich dieses Konzert erleben. Es gab viele Gänsehaut-Momente für mich; besonders bei den älteren Songs. Ich musste dauerhaft vor Freude grinsen und wusste gar nicht, wo ich zuerst hinschauen sollte. Ein bisschen kritisch muss ich anmerken, dass die Overdubs der neueren Songs leider etwas an der Dynamik von Ef genommen haben. Bei den Songs ohne digitale Unterstützung war die 6-köpfige Band komplett losgelöst und hat ihr volles Potenzial ausgeschöpft. Das Publikum war begeistert; ich ja sowieso.

God Is An Astronaut habe ich auch in den frühen 2000er Jahren kennengelernt. Der Sound ist komplett anders. 4 Personen standen hochkonzentriert, eher zurückhaltend, auf der Bühne und haben das komplette Set „durchgearbeitet“. Die Songs waren insgesamt deutlich härter. Schlagzeug und Bass haben meist sehr treibend gespielt und wurden oft von zwei verzerrten Gitarren, manchmal auch von einem Piano umspielt. Auch God Is An Astronaut haben ein gut gemischtes Set aus ihrer kompletten Diskografie gespielt. Ich persönlich mag die älteren Songs mehr, da diese mehr Abwechslung bieten. Aber das Publikum hat sich euphorisch mitziehen lassen. Im Gegensatz zu Ef waren hier die Overdubs perfekt vom Sound integriert. Die 4 sympathischen Iren haben mir keine Chance zum Abtauchen gegeben, sondern haben mich eher, wie in einer Achterbahn, mitgerissen. Aussteigen war nicht möglich. Die Schlagzeug-getriggerte Lichtshow war nichts für schwache Nerven und hatte dadurch eher etwas Hypnotisierendes.


Über zwei Bekannte und ihr Publikum

geschrieben von Konstanze

Ef sah ich Mitte November 2022 das allererste Mal überhaupt live. Damals traten sie im UT Connewitz auf und machten sich sehr gut auf dieser Theaterbühne und vor dieser Kulisse. Bereits beim Betreten des Clubs las ich das Plakat vom gemeinsamen Konzert mit God Is An Astronaut und wusste, dass ich definitiv noch einmal nach Leipzig kommen muss, um diese Kombination live zu erleben. Gesagt getan. Werk 2 – Halle D – 14.04.2023.

Mit den epischen Klängen von „Moments of Momentum“ aus dem aktuellen Album „We Salute You, You and You“ starteten Ef im Vorprogramm von GIAA und die Menschen in den ersten Reihen begannen sich hin- und her zu bewegen, die Köpfe nickten, lange Haare – ob von Frauen oder Männern – wedelten umher. Der Gesang von Tomas Torsson verzaubert durch Melancholie und dem Fragen danach in welcher Sprache für uns gesungen wird.

Vom Album „Ceremonies“, welches für mich bis dato noch unentdeckt war, spielten sie anschließend „Bells Bleed & Bloom“ und ließen uns fast 9 Minuten in eine andere Welt abtauchen. Die Steigerung des Songs, vom anfänglichen schüchternen Gesang, hin zu schlagzeugtreibenden Beats und fließenden Gitarrenklängen war überragend.

Mit „Hymn of…“ spielten sie wieder vom aktuellen Album einen weiteren langen Song (ca. 9:30 Minuten). Bei diesem Song ist Geduld gefragt, bis man am Mittelteil anlangt, bei dem es so richtig laut und intensiv wird. Im Anschluss spielten EfHello Scotland“ vom Album „Give Me Beauty… Or Give Me Death!“ bei dem der Text auch endlich mal zu verstehen war:

„City streets in late spring where smog covers everything and everyone.
That ́s where we push our ice in front of ourselves
Heavy winds won’t bother us it won’t break no trees it won’t break no bones.“

Lyrics: Hello Scotland – Ef

Den Abschluss bildete „Alp Lugens And Beyond“ von meinem Lieblingsalbum „Mourning Golden Morning“. Damit war das Konzert nach ca. 45 Minuten vorbei und meiner Meinung nach, hätte es gern noch länger gehen dürfen.

Ein paar Gedanken zum God Is An Astronaut-Publikum

Mit dem Wechsel zu God Is An Astronaut wechselte auch das Verhalten der Besucher:innen. Das war an diesem Abend ein sehr einschneidendes und unschönes Erlebnis. Die Hauptband schien auf einmal weniger zu interessieren, als die Vorband, was per se ja erst einmal auch kein Problem darstellt, aber muss man dann in den ersten Reihen stehen bleiben und somit den Besucher:innen regelrecht im Weg sein, während Textnachrichten verfasst, auf Google Maps Routen geplant werden, bei Instagram der fremde Feed durchforstet wird oder Fotos angeschaut werden. Müssen überhaupt die gesamte Zeit Fotos vom Konzert gemacht werden oder reichen vier bis fünf auch aus?? Okay, ich gebe zu, dass es sehr schwierig war bei diesen Lichtverhältnissen zu fotografieren und dennoch kann ein kurzes Heben des Telefons ausreichend sein. Auch muss niemand ganze Songs mitfilmen. Was geschieht danach mit diesen Videos, außer dass sie den Telefonspeicher füllen? Auch hier sind kurze Sequenzen einzelner Songs ausreichend, doch aber wirklich kein komplettes Mitschneiden notwendig. Nicht falsch verstehen, auch ich mache Fotos und kurze Videosequenzen, mit der Betonung auf kurz, und weniger nervig für die umstehenden Personen. Früher lief im Kino (vielleicht auch jetzt noch, aber dazu besuche ich zu wenige Filme), dass das Mitschneiden vom Film strafbar ist. Ich bin manchmal echt dafür, dass genau dieser Konsens auch für Konzerte gelten sollte. Da lob ich mir Veranstalter:innen bzw. Künstler:innen, die sagen, dass Handys verboten sind. Ich denke, wir Menschen würden uns ganz anders auf ein Konzert einlassen, hätten wir diese riesen Ablenkung nicht bei uns. Ging früher auch, oder?? Erinnert sich noch wer??

Apropos umstehende Personen und ich möchte wirklich nicht als kleinlich dastehen, aber wieso stelle ich mich noch einmal wie ein Stein in die erste Reihe, schaue andere mit straffendem Blick an, wenn sie touchiert werden, weil der andere Mensch sich den Klängen der Künstler:innen hingibt?? Überhaupt kann man sich doch bei diesen Klängen nur fallen lassen und zumindest – so richtig deutsch – schunkeln.

Zurück zum Konzert…

GIAA habe ich 2018 das erste Mal live gesehen und war von ihrer Dynamik und dem Zusammenspiel der vier Iren geflasht. 2019 bestand sogleich wieder die Möglichkeit sie live im Beatpol Dresden zu erleben und erst nach der Pandemie waren sie und zum Glück wieder 2022 in Dresden. Nun war es das erste Mal in Leipzig im Werk 2. Für meinen Teil muss ich sagen, dass sie in den Beatpol einfach besser passen. Die Größe der Bühne sowie des Clubs ist ausreichend und sie wirken dort wesentlich mehr als eine Einheit.

Am vergangenen Freitag waren sie alle so weit entfernt voneinander, dass der Funke nicht so recht überspringen wollte. Auch war von der Setlist nicht wirklich viel Neues bzw. Anderes dabei. Sie ähnelte sehr der vom vergangenen Jahr, nur dass die Abfolge anders gelöst wurden. „Spectres“ vom 2021 erschienenen Albums „Ghost Tapes #10“ spielten die zwei Brüder Kinsella samt ihrem Schlagzeuger Lloyd Hanney als ersten Song. Doch wo war ihr Keyboarder und wer war der junge Mann an den Tasten und dem Saiteninstrument? Der hexige und weniger melodischer Start, im Vergleich zu Ef, wurde gefolgt von „Adrix“ vom 2021er Album. Mit den 6:57 war ich ganz bei GIIA und versuchte die erste Reihe, vom oben beschriebenen abzubringen und sich auf die Musik einzulassen, zu tanzen, die Augen zu schließen und sich vorzustellen, anders wo zu sein und diese tragende Musik mitzunehmen. „Seance Room“ vom Album „Epitaph“ mit dem schönsten Art Cover der Band folgte auf leisen Schritten und wurde mit zarten Schlagzeugbeats etwas gewandter. Und wenn man noch denkt, der Höhepunkt des Songs ist bald erreicht, so wird man getäuscht, denn in diesen 7:40 stecken etliche Höhepunkte „In Flux“ wurde der vierte Song an diesem Abend und es ist einer dieser GIIA Songs der einen ganz starken Part in der Mitte des Songs aufweist, bei dem ich ständig mein Gleichgewicht halten muss, um beim Tanzen mit geschlossenen Augen nicht zu kippen. „Far From Refuge“ vom gleichnamigen Album aus dem Jahr 2007 folgte. Die anfängliche Ruhe ermöglichte mir zunächst durchzuatmen und meinen Platz in der ersten Reihe zu tauschen, um mich nicht weiter von diesen – für mich – ignoranten Personen abzulenken und mich ganz und gar dem Song, der Band hinzugeben. Vom Album „All Is Violent, All Is Bright“ wurde „Fragile“ gespielt und ich persönlich mag die ersten Alben von GIAA auch mehr, als die zuletzt erschienenen und kann mich bei diesen Songs wesentlich schneller fallen lassen, bin fasziniert vom epischen – für mich nicht zu verstehenden – Gesang. „Echoes“ einer meiner absoluten Lieblingssongs vom „God Is An Astronaut“ Album folgte und endlich war vom Publikum ein wenig mehr Interaktion zu verspüren. Lag es an den doch eher melodischen und weniger hardcore Rhythmen?? Der zweite und gleichnamige „All Is Violent, All Is Bright“ Song schloss sich an „Echoes“ an und wurde wie der Vorgänger genauso gefeiert, geliebt und betanzt. Im Anschluss folgten „Suicide By Star“ (ruhig und erneut sehr episch durch den begleitenden Gesang, kurz vor Schluss noch intensiver in der Gesamtheit), „Frozen Twilight“ vom Album „A Moment Of Stillness“ und „Burial“. Vom Album „The End Of The Beginning“ spielten sie lediglich „From Dust To The Beyond“, welcher wirklich stark ist, aber leider kam mir dieses Album doch zu kurz weg. „Fade“ wurde der einzige und letzte Song in der Zugabe, welche mich tatsächlich überraschte, weil ich annahm, dass GIIA keine spielen würden.

Nach der Verabschiedung wäre ich auch fast zu einer Setlist gekommen, weil diese ins Publikum geworfen wurde, doch leider flog sie jemand anderen entgegen. Das bedeutete nun noch etwas warten und hoffen, dass eine Setlist liegen bleiben würde, nach dem bereits andere direkt vom Publikum von der Bühne genommen wurden. Ich hatte Glück bekam später die vom Schlagzeuger. Mehr denn je war ich überrascht, dass ich hätte eine kaufen können – für 5€.

Fazit: Ef immer wieder gern – vor allem als Main Act und GIAA auch gern, dann aber im Beatpol in Dresden.

Danke fürs Lesen,
Konstanze

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