PASCAL PINON – 27.02.2017, Ostpol, Dresden –
Man wünscht ihnen in manchen Situationen den Hang zum Ausbruch, mehr Mut zum sacht treibenden Rhythmus. Aber so schien es das Drehbuch nicht vorgesehen zu haben. Und die Dramaturgie verlor trotz der schmerzenden Stille nie die Kontrolle über den Auftritt von Pascal Pinon. Gestern war es nun soweit und die beiden Zwillingsschwestern Ásthildur und Jófríður Ákadóttir durften ihr neues Album Sundur im Ostpol präsentieren. Die Hütte war voll, die Hütte war ausverkauft und das an einem Montag.
Immer wieder Island
Und dieses Konzert war anders, anders als die vielen Konzerte, welche ich bereits erleben durfte. Der mit vielen Klischees überladene Aufkleber „Island“ haftete auch zum besagten Montag unsichtbar am Abend. Wer aber an diesem Abend atmosphärische Flächen oder musikalische Explosionen à la Sigur Rós erwartet hatte, war falsch. Wer in diesen Abend eine kraftvolle und laut leitende Stimme wie die von Björk wollte, war auch fehl am Platz. Ich war mir allerdings sehr sicher, dass der Großteil der Konzertbesucher genau gewußt hat, welch kühler isländischer Anmut auf sie zukommt.
Während des Konzertes von Pascal Pinon war das oft mystifizierte und geheimnisvolle Land allgegenwärtig. Irgendwie scheint heimlich eine gewisse Traurigkeit oder Schwermütigkeit die Insel mit ihren Musikern zu verlassen. Und weicht ihnen, wie im Fall der beiden Isländerinnen, nicht von der Seite. Das hatte auf der einen Seite unglaublichen Charme und man ließ sich freiwillig an den einen Rand der musikalischer Bandbreite schieben, um sich im nächsten Moment wieder von Melancholie und musikalischer Spärlichkeit losreißen zu wollen. Das andere Ende des musikalischen Spektrums dabei fest im Visier. In diesen Sekunden sehnte man sich einem treibenden Rhythmus, einem eingängigen Chorus entgegen. Aber das war an diesem Abend nicht zu finden.
Charme und Bescheidenheit
Wenn die klare Stimme von Ásthildur im richtigen Moment die Stille im Raum zu zerschneiden drohte, versteckte sie sich im nächsten Augenblick sacht hinter den Tönen der dezent eingesetzten Instrumente. Und diese kärglich, fast geizig eingesetzten Noten und Akkorde, von Gitarre und Keyboard entlockt, waren Spindel für den roten Faden an diesem Abend. Ich würde die rhythmischen Episoden der Lieder mit leicht holpernden Herzen beschreiben, ohne dabei unrhythmisch daher zu kommen. Von Hoffnung getrieben, mit dem Versuch einen Lichtstrahl zu erhaschen. Ohne dabei jemanden etwas wegnehmen zu wollen.
Die Schüchternheit, besser die Bescheidenheit beider Frauen scheint in jeden ihrer Songs einzufließen. Hervorheben möchte ich noch diese spürbare Vertrautheit der Geschwister untereinander, diese war für mich in jeder Liedzeile greifbar. Nie war nur eine der beiden Schwestern musikalisch in der Front. So reduziert und minimalistisch die Songs auch waren, sie waren immer durch beide Frauen wahrnehmbar.
Fazit
Es war spannend zuzuhören und trotzdem schwierig, sich fallen zu lassen. Wollte man von Pascal Pinon gern abgeholt werden, verschloss man sich im selben Moment wieder. Es war eben anders, es war für mich trotz der beschrieben Eigenarten eine Musik, besser eine Welt, welche sich mir noch nicht geöffnet hat. Vielleicht benötige ich noch hier und da eine musikalische Sitzung mehr im elfen- und feenhaften Märchenreich, um hinter die Geheimnisse beiden Isländerinnen zu gelangen. Bei soviel Begabung und Talent scheint das gerade im wachsen befindliche Pflänzchen in Zukunft vielleicht doch noch farbenfroh zu erblühen. Ich bin gespannt!
Torsten