Frightened Rabbit – Vom Gewitter erfasst

FRIGHTENED RABBIT – 23.11.2016, Lido, Berlin

Es könnte mich auch manchmal aufregen, dass ich diese Pausengespräche zwischen den Liedern bei Bands aus dem britischen Raum auch so gar nicht entschlüsseln kann. Nicht das ich der englischen Sprache nicht mächtig wäre, lediglich der feine Dialekt dieser schottischen Band an diesem Abend war für mich einfach unzugänglich.

Und auch in diesen rund neunzig Minuten waren die vernuschelten Sprüche, diese Gag geladenen Songankündigungen von Sänger Scott Hutchinson für mich rein gar nicht zu verstehen. Einzig allein die Muttersprachler inmitten des Saales, des ausverkauften Lidos gingen unentwegt auf die scheinbar fetzigen Kommentare des Frontmanns der Rabbits ein. Na klasse, super und ich verstand nichts, gings eigentlich nur mir so?

„Get out of my heart, she won’t, she won’t“
„Get out of my heart, she won’t, she won’t“

Und damit war der scharfe Start für diesen Abend eingeläutet, mit nichts Geringerem als dem Song „Get Out“. Und unser im Vorfeld bereits mächtig gespannter Bogen in Form von Vorfreude gab mit einem Surren nach. Das der nun bildlich fliegende Pfeil als Synonym für Begeisterung, frenetischen Jubel mit eigener Sangeskunst flog und flog und flog, könnt ihr euch vielleicht denken. Denn wir sind Fans von Frightened Rabbit und das nicht erst seit einem halben Jahr, als das neueste Album der Angsthasen „Painting Of A Panic Attack“ hier bereits in einem früheren Albumblog meiner Chérie bemustert, herauskam und mein Schatz damals schon fast über Wasser gehen ließ.

Chérie: Ja und so kam was kommen musste. Das damals beschriebene Gewitter am Mittelmeer krachte mit voller Wucht über uns hinein. „Get Out“ war so ziemlich der beste Opener dieses gewaltigen Hurricanes, den man sich vorstellen konnte. Und kündigte uns das an, was noch kommen sollte. 

Aber das ist alles Schnee vom letzten Winter, denn jetzt waren wir drin im Konzert der fünf Schotten und es nahm, gelinde gesagt, ordentlich Fahrt auf. Nach „Get Out“ schoben Sie „Holy“ und danach „Modern Leper“ nach. Indie-Rock für den mittleren Saal würde ich es kategorisieren und wie wir es seit einiger Zeit von FR gewohnt waren, strömte der satte Sound in jede unserer Poren.

Mein Schatz war gelinde gesagt im Fieberwahn.

Chérie: Fieberwahn? Nein mit Fieber hatte das schon lange nichts mehr zu tun. Stellenweise fühlte es sich an, wie ein Schlaganfall und Herzinfarkt zugleich. Emotional hatte mich der Sound der Angsthasen schon lange heimgesucht und diese dann auch noch live und in Farbe in jeder Faser meines Körpers aufnehmen zu dürfen, war wie eine Explosion positiv und negativ geladener Teilchen. Mit diesem kleinen Gewitter in mir, wollte ich nichts mehr, als diesen Abend in mich aufsaugen und bis an das Ende meiner Tage festhalten. Ich denke, dass könnte mir ganz gut gelingen, denn immer noch läuft die Playlist des Konzertes hoch und runter.

Mein Augenmerk während der ersten Songs wurde allerdings immer wieder auf zwei Personen gerichtet. Zum Einen war das Grant Hutchinson, Drummer und Hangover-Double im leuchtend rotem Hemd mit Vollbart und Leadgitarrist Billy Kennedy für uns an diesem Abend eine Art verkappter Geschichtsprofessor. Keine Ahnung wie wir darauf gekommen waren, aber wahrscheinlich hatte uns deren Äußeres diese zwielichtigen Assoziationen hervorgerufen. Auf großartige Art und Weise trieb dieser Drummer Grant seine Mannen vor sich her und leuchtete im Bühnenlicht wie ein Marienkäfer an einem gelben Windschutz. Das man als Gitarrist mittlerweile multifunktional unterwegs sein sollte, zeigte uns Mr. Kennedy, indem er wahlweise in den Liedern zwischen Gitarre, Keyboard und zum Schluss dem Bass hin und her wechselte. Sehr beeindruckend! Zudem machten die flächenfüllenden Keyboards den Sound live deutlich spürbarer als auf dem Album. Das Frightened Rabbit eine der besseren Livebands sind, war an diesem Abend nun nicht mehr von der Hand zu weisen.

„Lump Street“ als Abschluss war für uns an diesem Abend der genialste Song. Wieder ein Titel der langsam, fast bedächtig anfängt und die HiHat noch zu ist, während sie maltretiert wird. Und dann ging dieser in der Mitte ab, als gebe es kein Halten mehr.

Zum Glück werden heutzutage Zugaben unabhängig von der Intensität des Jubels gegeben, denn wenn es danach gegangen wäre, hätte das Berliner Publikum keine Konzerterweiterung verdient gehabt. Irgendwie etwas reserviert die Berliner. Wurden sie nicht abgeholt? Wir hingegen genossen „Death Dream„, „The Woodpile“ und „The Loneliness And The Scream“ zum Abschluss in vollen Zügen.

Chérie: Einen kleinen Wermutstropfen gab es für mich bei diesem Konzert. Fühlte es sich doch so an, als würden wir durch die Diskographie der Angsthasen rasen ohne wirklich alle großen Songs zu hören. Das letzte Album gehört für mich zu einem dieser seltenen Exemplare, bei dem man von Song zu Song zu Song zu Song mitgenommen wird. Hier gibt´s kein Auf und Ab, hier geht´s nur in eine Richtung, bergauf! Als würde man diesen einen Berg bezwingen wollen, der nicht bezwungen werden will. Und so fehlten an diesem Abend die Herausforderungen, die dünne Luft, das Basiscamp. Es fehlten „Blood Under The Bridge“ und „Still Want To Be Here„, genauso wie „An Otherwise Disappointing Life“ und „Die Like A Rich Boy„…Aber ja, das alles ist nur ein kleiner Fehler im System. Ein Konzert ist eben immer zu kurz.

I think, it needs nothing more, as a band, which perform their own songs with so much love and enthusiasm!

Eure Zweikanäle

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