Überraschungen zur Kulturarena Jena: Glass Museum und ÄTNA

geschrieben von Gastblogger Rupert

Glass Museum

Ich bin dieses Mal völlig ohne Erwartungen zum Konzert gegangen. Ätna kannte ich vom Namen, weil viele aus meinem Freundeskreis über sie reden. Die Live-Performance sollte echt gut sein. Also lies ich mir die Chance nicht nehmen, das selbst zu erleben. Ich hatte ein paar Tage vorm Konzert noch oberflächlich in Glass Museum reingehört und dachte, ja das könnte passen.

In der Kulturarena in Jena lief alles perfekt organisiert ab. Als ich dann auf der Bühne das Stage-Piano direkt gegenüber vom Schlagzeug gesehen habe, wurde ich langsam neugierig. Und als Glass Museum anfingen zu spielen wurde ich richtig aufgeregt. Bereits im ersten Lied hat mich die Wucht von diesem unglaublich vollen Sound überwältigt. Ich wusste gar nicht so richtig, wie ich das einordnen sollte. Hatte es was von Jazz, von Rock, von Electro? Irgendwie von allem war was dabei. Aber auf jeden Fall auch von Neo-Klassik. Damit habe ich mich in den letzten Monaten etwas intensiver beschäftigt.

Das Piano war für mich sehr präsent. Und was soll ich sagen: Da Neo-Klassik eben von der Klassik kommt, war ich sofort in eins meiner „Liebslingsstücke“ aus meiner Kindheit zurückversetzt. Aber das war kein Lied an sich, sondern ein musikalisches Märchen. Peter und der Wolf von Sergei Prokofjew. Ich war damals völlig begeistert, wie die klassischen Instrumente die Tiercharaktere abgebildet haben.

Und irgendwie ging es mir beim Pianospiel von Glass Museum so. Die verspielten fesselnden hohen Töne wirkten für mich oft wie blitzschnelle kleine Vögelchen, die hoffnungsvoll umherschwirrten. Im Gegensatz dazu war der beeindruckend tiefe Bass, der häufig sehr schwer und kraftvoll rüberkam, das Schaubild von einem bösen Tier, mit der Überzeugung seine Beute auf jeden Fall zu bekommen. Ein wirklich beeindruckendes Wechselspiel. Doch plötzlich wurde das Ganze so unvorhersehbar aufglelöst, dass am Ende doch alle Tiere zusammen feierten. Das Düstere war verflogen und alle waren glücklich. Einschließlich ich selbst.

An der Neoklassik mag ich den riesigen Dynamikumfang. Und genau damit haben die Belgier perfekt herumgespielt. Es war eine Symbiose aus grazilster Zerbrechlichkeit und machtvoller Dominanz. In den ruhigen Momenten war nicht mehr zu hören als einzelne hohe Piano-Töne. Und kurze Zeit später wurde ich von einer Wall of Sound förmlich überrollt. Dieses fantastische Wechselspiel hat mich in eine Art Trance versetzt, sodass ich aus dem Wippen gar nicht mehr rauskam. Der Schlagzeuger hat natürlich seinen essentiellen Anteil daran gehabt. Von verspielten Jazz-Elementen bis zu klassischen Rock-Beats hat er alles in die Lieder gepackt; dezent und perfekt auf das Piano abgestimmt. Aber was mich wirklich verzaubert hat, war das Zusammenspiel der Musiker. Die waren einfach so brutal tight. Ich war diesen beiden vollkommen erlegen und wusste, das war mein Highlight des Abends, weil es für mein musikalisches Verständnis kaum zu toppen war.

Ein großes Lob muss ich noch an die Sound-Leute der Kulturarena aussprechen. Es war wirklich ein Fest, so ein ausgewogenes Klanggefühl erleben zu dürfen. Dadurch konnte ich die Musik nicht nur hören, sondern auch spüren.

ÄTNA

Nachdem die sympathischen Belgier die Bühne verlassen haben, erschienen unzählige Hands und haben in kürzester Zeit alles abgebaut. Danach war ich allerdings etwas verwundert. Ich wusste, dass Ätna auch mit Piano und Schlagzeug auf der Bühne sind. Aber anstatt dieser Instrumente wurde ein riesiges DJ-Pult und eine Wand von Bühnenlicht installiert. Es klärte sich aber schnell auf. Als Ätna dann mit Jubel empfangen wurden, erklärte der Schlagzeuger Demian, dass Sängerin Inez sich den Arm verletzt hat und deshalb kein Piano-Spiel möglich war. Aus diesem Grund haben sie sich dafür entschieden, alles elektronischer zu halten und Remixe zu spielen. Und tanzen wollte Demian auch. Und das tat er in beeindruckender Art und mit viel Durchhaltevermögen.

Es folgte also eine Stunde lang Remix-Performance. Der Sound war wieder großartig. Die Stimme traf die Töne, wie auf den Punkt genagelt. Die Lichtshow war überwältigend. Das Entertainment zwischen den Songs war extrem sympathisch. Und doch war mein Eindruck, dass Sängerin Inez auf der Bühne etwas verloren wirkte mit ihrem Mikro in der Hand. Oft ging sie hinter das DJ-Pult und sang neben ihrem vertrauten Bandkollegen, der die ganze Zeit viel positive Energie ausgestrahlt hat.

Bei mir wollte allerdings kein Hochgefühl mehr aufkommen. Ich hatte mich auf etwas Ähnliches wie Glass Museum gefreut, wo die Instrumentierung doch eigentlich die Gleiche gewesen wäre. Trotzdem war es Entertainment pur auf hohem Niveau und ich durfte wieder mal feststellen, dass es vielen anderen Zuschauer:innen sehr gut gefallen hat.

Der tobende Beifall und die sitztanzenden Menschen sprachen für sich.

Beste Grüße
Rupert

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