ALGIERS – 05.11.2017, Beatpol, Dresden –
geschrieben von Torsten Arndt am 07.11.2017
Der Hype um die transatlantische Connection Algiers scheint einfach nicht abzuebben. Zu Recht! Nun könnte man fragen: Was macht die Algiers so besonders? Oder wer sind die überhaupt?
Und da kommt fürs erste der Beatpol ins Spiel. Mittlerweile meine lieb gewonnene Stube musikalischer (Zelle)bration und Hort für viel empathisches Musikverständnis. In den letzten Wochen hieß es regelmäßig unter der Hand: „Die Algiers kommen, das musst du erleben! Die sind klasse, die haben ordentlich Power.“
Und ich erinnere mich noch ganz gut an den Auftritt des Quartetts im Societätstheater beim Festival Sound of Bronkow. Das war eine energiegeladene Veranstaltung. Zur damaligen Zeit hatten die Algiers mächtig viel Druck in Stimme und Instrumenten. In der Front schienen sich Franklin James Fisher (Sänger) und Ryan Mahan (hauptamtlich Basser) im Gefecht zwischen Soul und Electro, Punk und Rock buchstäblich aufzureiben. Und schien sich der musikalische „Zwist“ abzuschwächen, schütteten Gitarrist Lee Tesche und Drummer Matt Tong erneut ungesättigte Öle ins Feuer. Ja das war schon ein etwas besonderes und beeindruckendes Highlight. Damals.
Und auch heuer waren die musikalischen Spritzen gefechtsbereit aufgezogen. Die Ingredienzien waren die Gleichen. Punk, Rock, Electro und Soul. Von dieser Seite war alles erwartbar. Soweit.
Doch war das Mischungsverhältnis etwas in Schräglage geraten?
Ja das war es und für mich war das gerade richtig. Das passte in meine aktuelle Stimmung. Die Algiers waren etwas rotziger, der Punk klatschte häufiger provokant mit dem Hammer gegen die Patella. Die Gitarren setzen sich kantiger gegen fragende Synthie-Sounds durch. Das hatte richtig Biss. Das war geil. Das gefiel mir sehr viel mehr als damals beim Sound of Bronkow.
Es schien fast so, als hätten die Algiers ihre Album-Fesseln zerschnitten, zu kurze Ketten gesprengt, um ihrem innerlich zerrenden Geist freien Lauf zu lassen und für ihren musikalischen Fetisch die Tür noch weiter aufzureißen. Ja und woraus resultierte das nun? Erklären können das sicher auch nur die beteiligten Protagonisten, ich hingegen bin nur der Konsument, dem das eine oder andere auffällt. Vielleicht ist das aber auch eine normale Entwicklung, über viele Konzerte und Festivals hinweg.
Eines scheint in jedem Fall gesichert, das Geheimnis ihres Erfolges beruht trotzt aller Energie auf dem recht ausgeglichenen Mix der einzelnen Stilrichtungen. Und das ist eine perfekte und reichhaltige Basis für die Weiterentwicklung des Sounds.
Ich konnte an manchen Stellen nicht ganz genau unterscheiden, wo ein Song aufhörte und der nächste anfing. Eine wahnsinnig stürmische Live-Band, welche sich auch durch ihre kontinentale Trennung nicht aufhalten lässt. Die auf New York und London aufgeteilten Algiers zeigten im großen Stil, das räumliche Trennung kein Hinderungsgrund ist, um einzelne Musikrichtungen wie Soulblues, Punk und Rock geschickt miteinander zu verweben.