Get Well Soon – Entdeckungen im Nebel

GetWellSoon LoveWo soll ich anfangen und wo aufhören? Kann man bei Get Well Soon überhaupt an einer Stelle aufhören?

In der Vergangenheit begegnete mir Konstantin Gropper aka Get Well Soon ein ums andere Mal bei diversen Radiosendern oder Talkshows in dritten Programmen. Langweilig, dachte ich öfters, doch dann blieb ich bei ZDF Aspekte hängen und just in diesem Moment, im Rahmen eines Studio Auftrittes, lernte ich die Gedanken von Get Well Soon kennen.

Der Song ‚Eulogy‘ seines am 29. Januar veröffentlichten Albums ‚Love‘ sollte es sein, welcher mich in die ganz eigene Welt des stets zurückhaltenden Künstlers Gropper hineinziehen sollte. Ich möchte mich nachfolgend auch nur auf einen Song aus dem neuen Album beziehen und meine Eindrücke fließen lassen.

It’s a fog

Da sind diese ersten vier Takte. Die ersten vier Takte, welche wie eine immer wiederkehrende Erinnerung drohen, dass die Leichtigkeit des Lebens ab und an verloren gehen kann. Sie treten fast wie eine Warnung auf, nicht böse oder verletzend, eher verspielt und bestimmend. Teilweise auch beruhigend, mit der Aufforderung seinen Instinkten zu vertrauen. Als warnender Freund mit Charme, sogar flüsternd, aber immer seichte Hoffnung verbreitend.

Für mich ist dieser Song die Mitte des Albums, vielleicht sogar die Mitte seiner ganzen Musik, federleicht wie ein perfekter Pinselstrich. Im ersten Teil werden immer wieder Fragen gestellt, einfach ignoriert, neu gestellt und abermals unbeantwortet zurückgelassen. Hoffnungsvolle Sequenzen und traurige Töne geben sich die Klinke in die Hand, nicht nacheinander, eher wie Vertraute, fast wie Freunde ja sogar Liebende. Eine spürbare Nachdenklichkeit bahnt sich ihren Weg an die Oberfläche.

Dieses Lied schmeißt gnadenlos mein Kopfkino an. Ich möchte euch nachfolgend mal in Auszügen daran teilhaben lassen. Vielleicht geht es euch ähnlich.

Kopfkino an

Stellt euch eine Szene zwischen Mann und Frau, negativ spannungsgeladen, in einem dunklen Raum, vor. Draußen ist herbstliches Wetter, alles grau in grau, Niesel und Nebel als gefühlter Bühnenhintergrund. Emotionale Abschiedsszenen zwischen beiden, mal laut mit schreienden Mündern, mal leise mit Tränen. Die sich früher Liebenden gehen bereits seit Wochen in der gemeinsamen Wohnung getrennte Wege. Aber ab und an zucken diese Blitze, kurz und hell. Sie steht am Fenster und schaut in den Hof hinab und sieht spielenden Kindern im Hof zu. Die kleinen ehrlichen Hoffnungsschimmer kreiseln Kreisel auf den Bordsteinen und entlocken ihr ein erstes Lächeln.
Später boxt die gleiche Frau enthemmt gegen einen Sandsack im Studio und verausgabt sich beim aktiven Frustabbau komplett. Eine einsame Bank in der Umkleide ist dann ihre finale Ruhestation an diesem Tag, denkt sie. Sie ist am Ende ihrer Kräfte, so scheint es.

Nach ihrem kraftraubenden Training schlendert sie ziellos durch die Straßen. Auf dem Fußweg voller Menschen wird sie immer wieder tuschiert, weil sie ihren Gedanken nachhängt und nur ihr inneres Auge wach ist. Irgendwann dreht sich ein Mann um und entschuldigt sich im Vorbeigehen für seinen Rempler. Sie schmunzelt und läuft schneller, immer schneller. Langsam streicheln einzelne Sonnenstrahlen ihr Gesicht. Rasant bewegt sie sich die Straße entlang, Menschen drehen sich lächelnd um, nur manch Alte schütteln ihren Kopf und entrüsten sich kurz, aber sie rennt unbeirrt weiter und ist jetzt nicht mehr aufzuhalten. Sie fliegt förmlich, befreit vom Alltäglichen, von den Ketten die sie einst umschlungen und zurückhielten.

Kopfkino aus

Es ist ein zaudern und zedern, ein hin und her bis zum Break. Danach geht es unaufhaltsam nach vorn, man wird regelrecht von einer Welle der Euphorie mitgerissen. Wenn man für eine Sache brennt, nimmt man meist alle im Begeisterungssturm für sich ein. Das sind für mich die Trompeten. In der schnellen Passage transportieren sie für mich etwas positives, vor Freude explodierendes und befreiendes. Klavier und Trompeten eifern in liebevoller Absicht und Stück für Stück scheint es mir, rücke ich dem Ziel näher.

Mittlerweile hab ich mich in die Alben von Konstantin Gropper hineingehört. Ich zögerte anfangs, vielleicht hatte ich Angst vorm dauerhaften hängenbleiben in dieser Musik, in diesen Kopfkinogeschichten. Songs wie das verlassene ’33‘, das anspornende ‚Courage, Tiger‘ oder das stampfende ‚You cannot cast out the demo‘ schwingen für mich die feinsten aller Kropperklingen. Und aktuell kenne ich kein Ende, sie drehen unaufhaltsam Runde um Runde in meinem Kopf. Ich freue mich bereits jetzt darauf, Get Well Soon einmal live zu erleben. Danach werde ich wohl beseelt und in voller Begeisterung eine kleine Konzert Nachbetrachtung verfassen.

Get Well Soon

Bilder

Und was ist denn das mit den Bildern? Kann mir jemand die Bilder, auf denen der wohl niemals bis selten lachende Konstantin Gropper herausschaut, erklären? Wie ein Gesannter von einer anderen Welt, schaut er versteinert in die Kamera, als ob er gar nicht in die Bilder hineingehört. Als menschliche Schnittstelle zwischen echter und paralleler Welt. Alles so natürlich und doch irgendwie gestellt! Schon wieder diese Gegensätze.

Ein irreparabler Zweikanal

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