KÄPTN PENG & DIE TENTAKEL VON DELPHI – 20.05.17, Haus Auensee, Leipzig –
Deutscher Hip-Hop lyrisch serviert
Käptn Peng verschachtelt Reime auf leichte Art und Weise, so wie sich Treppen wendeln. In sich stabil, rhythmisch und ohne Ende. Greift er mit lockerer Hand in sein glühendes Gehirn und zieht spielerisch zuende gedachte Gedanken und Weisheiten heraus? Könnte man denken, bei der schier endlosen Flut an sinnstiftenden Reimen. Die Formung und Abrichtung kreativer Blitze zu anspruchsvollen Versen erfolgt dann mühelos und wird mit bekannten Hip-Hop Beats verknüpft. Beats die ich auch bei CRO, Fettes Brot oder Clueso in der Klang-Mottenkiste erstöbern könnte. Vom Schmälern des Konzerterlebnisses war deshalb jedoch keine Spur. Im Gegenteil! Brauchen wir nicht alle genau diese Flows und Bässe und Hooks, um uns für ein paar Minuten genüsslich in die gefüllte Wanne der musikalischen Glückseligkeit legen zu können?
Mein Einstieg zum Reimemonster Robert Gwisdek, Gehirnzellenakrobat und Verbindungsvorsitzender der Posse Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi und lyrische Lichtgestalt des deutschen Hip-Hops. Wo selbsternannte Herrscher des üblichen Sprechgesangs versuchen verrostete Schwerter aus Steinen zu ziehen, sticht und säbelt er schon in eng aufeinanderfolgenden Ausfallschritten zielgenau mit scharf gewürzten Worten.
Ob nun wie gestern beim Konzert von Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi im ausverkauften Haus Auensee zu Leipzig oder auf den letzten Veröffentlichungen der Band, es gilt, beim konzentrierten musikalischen In-Ear-Tauchgang Neuem auf die Schliche zu kommen, wie z. B. bei U-Boot (hier könnten auch viele andere Songs stehen):
Kopf oder Zahl, Zopf oder kahl
Pflicht oder Wahl, Wort oder Stahl
Tauchgang mit einem Orkawal
Rap Musik zum Entdecken
Als ich während des Konzertes Erkundigungen zu linker und rechter Hand einholte, worauf die Gefragten an diesem Abend besonders warteten, bekam ich Zettel in meinen Frag-O-Mat eingeworfen, wo darauf stand: Songs vom ersten Album – welches wohl deutlich elektronischer dahinfließt – und das fette Beats und Hip-Hop Rhythmen in Kopf und Leib erschwingen. Zauberstab kurz geschüttelt und die Wünsche waren erfüllt. Sogar übererfüllt. Also nicht von mir, sondern von den Musikern auf der Bühne. Das Auensee kochte! Und ich stellte fest, dass ich lange kein so großes Konzert besucht hatte. Hatte ich es vermisst? Nein, auch an diesem Abend nicht. Aber das ist etwas persönliches. Ja die kleinen Clubkonzerte haben schon ihren ganz besonderen Reiz. Nähe zum Künstler, weniger Menschen, kürzere Schlangen am Einlass. Denn diese endlose Hydra an diesem Abend nahm uns Vorband Pavlidis vom Plattenteller. Schade drum.
Wenn gleich der Funke an diesem Tag bei mir nicht ganz übergesprungen war, loderte die Halle lichterloh. Die Tafel war gedeckt. Ge-Gwisdekt sozusagen, denn Bruder Johannes Gwisdek aka Shaban war drummend (Danke für die Verbesserung, Shaban!) auch am Start. Bruder Robert penetrierte wie aufgezogen – befreit von Instrumenten – runde zwei Stunden ohne Pause die Bühnenbretter, als müsse er sämtliche verloren gegangene Tanzabende innerhalb kürzester Zeit aufholen. Das nahm die Masse mit. Das ging nach vorn. Und die Fans vor der Bühne taten es ihm gleich. Auch wenn die aktuelle Scheibe Das nullte Kapitel erst Tags zuvor VÖ hatte, konnte ich vor dargebotener Textsicherheit des Fanchors während des gesamten Auftrittes nur den Hut ziehen. Beim Anspielen älterer Songs schlug der Schreipegel jedoch etwas deutlicher aus. Wenig überraschend.
Fazit
Es war ein kurzes Abtauchen in eine für mich vor langer Zeit abgelegte Hip-Hop Attitüde. Ungewohnt und vertraut zugleich. Alte Rhythmen irgendwie neu verknüpft. Platonisch aber tatsächlich. Und es wird wohl vorerst bei diesem einen Ausflug ins alte Neue bleiben.
Euer Torsten