Wenn ein Sturm durch Dresden fegt – Turbostaat

TURBOSTAAT – 31.03.2016, Beatpol, Dresden –

Innerhalb weniger Tage war die Show von Turbostaat im Beatpol zu Dresden restlos ausverkauft. Der Staat war in der Stadt und alle folgten dem Ruf des harten, kompromisslosen und direkten Punk-Rocks aus Husum. Nichts Geringeres als das mittlerweile sechste Album von Turbostaat war angezündet und entfacht. Und es brannte! Es brannte lichterloh!

Für mich waren es in der Vergangenheit immer Wellen, welche mich an die Musik von Turbostaat heran und ab und zu darüber hinweg gespült haben. Bevor sich Abalonia im Januar aufmachte, auch mich in düsterer Nacht, bis in schäbige und kalte Gassen zu verfolgen, um mich später einzuholen und mit dieser Energie, diesem pausenlosen Hammer-auf-Amboss-Rhythmus zu infizieren. Bis dato hatte der Einfluss der Musik auf mein Gemüt zwei Gesichter. Hing ich in der Vergangenheit stundenlang im Urlaub auf Fuhferden fest oder machte es mir tageweise bei Glufke bequem, so hatten auch Zeiten die Oberhand gewonnen, in denen ich keine einzige Note von Turbostaat hören konnte oder wollte. Warum, weiß ich nicht. Vielleicht war es in diesen Momenten zu viel Druck, welcher versuchte, mich zu erpressen.

Auch wenn Turbostaat schon einige Jahre lässig am Punkgeländer lehnen, habe ich bis hierher noch kein Konzert von ihnen erleben dürfen. Dementsprechend gespannt und unruhig war ich, weil ich wissen wollte, ob die Kraft und die Geradlinigkeit von ihren Alben auch live spürbar sei. Um es vorwegzunehmen, genau diese Energie war vom ersten Lied an zum Greifen da und es war noch viel mehr drin in der Zaubertruhe der Band, was sie dann im Laufe des Abends auch auspackten.

Der Vorband Kafvka möchte ich hier an dieser Stelle noch ein dickes und fettes WORD, ALDA! hinterherrufen. Die alternativen Punk-Hip-Hopper, so möchte ich sie einmal bezeichnen, hatten an diesem Abend die erste Fackel in der Hand. Und sie nutzen sie und machten im rappelvollen Beatpol schon mal das Feuer an. Ich frage mich dabei immer, wer denn die Vorbands bei Konzerten aussucht? Im Fall von Kafvka war die Auswahl grandios gelungen.

Als es los ging und Turbostaat die Bühne eroberte, gab es kein Halten mehr. Der berühmte Funke sprang mit dem Erklingen der ersten Note aufs Publikum über und ich wusste schon im ersten Moment, warum dieses Konzert binnen kürzester Zeit ausverkauft war. Und ich hab dieses Liveerlebnis in der Vergangenheit verschmäht? Das passiert mir nicht nochmal!

Turbostaat auf der Bühne und die Fans im Saal verschmolzen zu einer Einheit. Frontmann Jan Windmeier schrie und peitschte mit seiner Stimme die Fans Lied für Lied nach vorn. Und er machte in den zwei Stunden keine Gefangenen, war zu keinem Kompromiss bereit und die Band folgte ihrem Chef bedingungslos in die Schlacht. Wenn ich diesen Auftritt mit einem Wort beschreiben müsste, würde ich CHARISMATISCH wählen. Denn, auch wenn die Band im linken Punkflügel verortet ist, trat sie keineswegs mit dieser Attitüde, mit einem Banner voran, auf. Es fühlte sich für mich eher wie Understatement-Punk an. Selbst für diese Band gab es erstaunlich wenig „Tumulte“ auf der Bühne, gefühlt geschah für mich dort oben alles sehr entspannt und souverän. Vielleicht ist es genau diese Mischung, dieser Gegensatz, welcher es mir an diesem Abend angetan hatten. Auch die zum Ende hin immer mehr auf die Bühne strebenden männlichen und weiblichen Stagediver brachten die Band nicht einen Moment aus der Ruhe. Knallharte Punkrockbretter, charismatisch serviert von einer äußerst souveränen und stilvollen Punkrockband. Ich liebe dieses Gegenläufige. Deswegen haben Turbostaat an diesem Abend mein Geist und mein Herz erobert.

Turbostaat hat in den reißenden zwei Stunden das Album Abalonia, im Verbund mit Fuhferden, Sohnmann Heinz, Ufos oder Harm Rochel, wie eine Stiehlgranate aufgeschlagen und ins Publikum geworfen. Wie viele davon dort unten explodierten oder verreckten weiß ich nicht, ist aber eigentlich auch völlig egal, denn die Fans hatten schön längst ihren Rhythmus gefunden und den Kanal, um sich verliebt und hemmungslos der punkgeschwängerten Atmosphäre hinzugeben. Und auch ich war längst angezündet, verschwitzt und vom Telecaster in emotionale Einzelteile zerlegt. Es war ein großartiges Erlebnis und es hätte noch viel länger andauern können.

Husum verdammt, du geile Sau: danke, dass du uns dieses harte und knallende Paket heruntergeschickt hast.

Ob ich diese Band, nach diesem Konzert nun besser verstehe, weiß ich nicht, ich kann aber sagen, dass diese Einheit von Band, Sound, Bühne, Fans mit der Kraft mein Herz in Liebe eingewickelt hat. Turbostaat werde ich in Dresden auf keinen Fall mehr verpassen, dessen bin ich mir sicher. Und ich rate euch, tut es mir gleich!

Ein Anspieltipp sei mir an dieser Stelle noch erlaubt: Ja, roducheln – vom Album Vormann Leiss!

Unser Dank gilt auch dem Dresdner Fotografen Stephan Böhlig, der den gigantischen Vortrieb der Band und des Konzertes in seinen großartigen Fotos festgehalten hat. Schaut mal in das Album von ihm auf Facebook.

Ein erfüllter Haubentaucherkanal

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