28. – 30.07.2023, Heimspiel Knyphausen, Eltville am Rhein
Wenn irgendwas gut ist, dann das hier!
Diese Muff Potter-Liedzeile huschte mir während des Heimspiel-Wochenendes immer mal wieder im Dauergrins-Modus über die Lippen oder zumindest durch den Kopf. Denn sie haben so verdammt recht! Mein 5. Heimspiel war wie alle anderen Heimspiele zuvor: Voller Liebe. Voller Liebe zur Musik, zum Wein, zum Leben, einfach zu allem was gut ist.
Und so zitiere ich:
„Ich will alles nehmen und geben, das ist jetzt und das ist hier, und das sind wir. Wir erfinden eine neue Welt aus brodeln und beben. Wenn irgendwas gut ist, dann das hier!“
Muff Potter, „Wenn dann das hier“
Kleiner Rückblick
Ihr habt’s oben gelesen. Es war mein 5. Heimspiel, mein 5. Mal auf dem Draiser Hof in Eltville, dem Weingut der Familie zu Knyphausen, direkt am Rhein gelegen und Heimat vom wundervollen Singer-Songwriter Gisbert zu Knyphausen. Zu allen vergangenen Heimspielen findet ihr auch hier auf dem Blog ein paar verliebte Worte. Vielleicht habt ihr ja Lust reinzulesen? Dann biete ich euch hier den Service eines klickbaren Direktlinks zu allen Blogartikeln der Kategorie „Heimspiel“!
Freitag, 28.07.
Line-Up: Willy Mason | Dry Cleaning | Meute
Die Vorfreude war groß, wenn auch mit etwas sorgenvollem Blick in Richtung Himmel bzw. auf die Wetter-App gerichtet. Hatte es doch am Tag zuvor kaum eine trockene Minute auf dem Weingut der Knyphausens gegeben. So zumindest die Berichte der Heimspieler:innen, die schon am Donnerstag zum Festival-Vorab-Konzert von Chilly Gonzalez auf dem Draiser Hof ins Wochenende starteten. Der Wettergott meinte es aber gut mit uns und zwar am ganzen Wochenende. Wenn’s mal regnete dann nur leicht und kurz (eher ein nieseln) oder „früh“, während wir sicher im Camper auf der Obstwiese schnarchten.
Willy Mason
Das war ein ganz wundervoller Einstand ins diesjährige Heimspiel. Und wie sich herausstellte wohl ein ganz besonderer Wunsch von Gastgeber Gisbert zu Knyphausen, der sich dann auch nach seiner Begrüßung, zu uns vor die Bühne gesellte und dem großartigem New Yorker Singer-Songwriter Willy Mason gemeinsam mit der Heimspiel-Familie frönte. Mit seiner gin-tonic-warmen Stimme, dem schwer bis leichtem Flow seines Americana-Sounds und unserem ersten Knypi in der Kehle, verfingen wir uns sofort im Heimspiel-Gefühl.
Dry Cleaning
Und hier kommt schon die nächste atemberaubende Entdeckung: Dry Cleaning! Die Engländer:innen glitzerten golden düster über die Heimspiel-Bühne und berührten uns alle mit ihrem psychodelischem Hauch aus Post-Punk, irgendwo zwischen Joy Divison und den (beim OBS entdeckten) Whispering Sons. Was für ein Sound! Was für eine Stimme! Sängerin Florence Shaw, die mit ihrem mimikvollem Sprechgesang alle einhüllte und dazu ein so herrlich treibender Post-Punk-Sound. Einfach und immer noch: Wow!
Meute
Mittlerweile weiß man ja was man bekommt wenn man Meute im Line-Up ließt: Abriss! Jepp, und so tat’s die Techno-Marching-Band aus Hamburg wieder. Wir Heimspieler:innen, allesamt beschwippst vom Knypi und den ersten beiden Bands, verbrachten den Rest des ersten Tages mit der Zelebration des Lebens zu diesen mitreißenden Blaskapellen-Techno-Klängen der Meute.
Samstag, 29.07.
Line-Up: Juli Gilde | Die toten Crackhuren im Kofferraum | Muff Potter | Martin Kohlstedt | Ätna
Nicht ausgeschlafen, aber zumindest ausgeruht und frisch geduscht (ein Hoch auf die Obstwiesen-Sanitäranlagen) starteten wir so gegen 15 Uhr in den nächsten Festivaltag. Und der versprach Wundersames. Ich war fast ein wenig aufgeregt. Ich war aufgeregt wie ein kleines Kind auf diesen Tag, so schlimm doll, dass das Herz wie wild anfing zu hüpfen vor lauter Vorfreude, Liebe, Glückseligkeit, was auch immer. Ein wunderschönes Gefühl. Also stürzte ich mich rein.
Juli Gilde
Zum dritten Mal durfte ich Juli Gilde jetzt schon live erleben. Zum ersten Mal 2021 beim Dresdner Festival „The Sound Of Bronkow“. Damals noch fast ganz allein auf der Bühne, eingeschüchtert und unsicher, fast fehl am Platz wirkend. Heute auf der Heimspiel-Bühne schrie alles in ihr: „HIER gehöre ich hin. Seht her. Hier bin ich.“ Juli hat sich nicht nur in ihrer Bühnenpräsenz gemacht, auch musikalisch hat sie einen riesengroßen Entwicklungssprung hingelegt. Mit toller Band im Rücken, funky Gitarren, diesem besonderen deutschen Indie-Sound, ihrer warmen und oft auch wandelbaren Stimme, brachten die Band so viel Abwechslung und Freude auf die Bühne. Das hat mich wirklich sehr beeindruckt. JULI: Mach weiter so!
Die toten Crackhuren im Kofferraum
Das war einfach nur: REIN IN DIE FRESSE! Sorry, für diese Worte und dann auch noch in Großbuchstaben. Aber was anderes fällt mir zu Die toten Crackhuren im Kofferraum nicht ein. Ich fühlte mich danach windelweich geprügelt, im positiven Sinne. Manchmal muss es eben weh tun. Die Girls haben mich nachhaltig fasziniert. Und nicht nur mich. Mit ihrem Electro-Punk pfeffern sie uns ihre Statements um die Ohren: Feministisch, provozierend, sarkastisch! Keine andere Band hat an diesem Wochenende wohl so viel Merch verkauft, sah man doch alle paar Meter Menschen mit „I love Crackhuren“ T-Shirts.
Muff Potter
Mein Highlight. Schon vorab. Und hinterher noch mehr. So viel gehört, gelesen, gesehen, immer nur digital huschten mir die Jungs von Muff Potter in den vergangenen Jahren mal mehr und mal weniger durch meine Streams, meine Insta-Timeline, im YouTube-Rausch an mir vorbei. Die Möglichkeit sie live zu erleben, hab ich immer verpasst. Bis jetzt. Die Band um Sänger Thorsten Nagelschmidt haben es nun endlich auf meine Konzertliste geschafft. Diese Naturgewalt der deutschen Indie-Punk-Szene hat mich sowas von erwischt. Schockverliebt würde ich dieses Gefühl beschreiben. Noch jetzt bekomme ich Gänsehaut. Eindruck haben sie nicht nur bei mir hinterlassen, denn noch am nächsten Tag sangen die Kids auf der Camperwiese: „Niemals mehr zur Arbeit gehen“. Das nenn ich mal erfolgreiche musikalische Früherziehung.
Martin Kohlstedt
Der Weimarer, den ich bisher in der Heimat verpasste, nun endlich im fernen Rheingau erwischte. Wurde aber auch Zeit! Endlich konnte ich meinen ebenso in Weimar lebenden Nachbar Martin Kohlstedt live erleben. Da muss man erst ins Rheingau fahren. Tzzz.. Aber ich muss sagen: Genug war es mir nicht. Denn irgendwie war der Slot nach den Crackhuren und Muff Potter der falsche für diese wundervollen Werke des Martin Kohlstedt. Es war also eher ein Aperitif, in der Hoffnung den Hauptgang bald in der Heimat voll und ganz genießen zu können.
ÄTNA
Das Electronic-Duo ÄTNA aus Dresden sollte den Heimspiel-Samstag besiegeln. Ich für meinen Teil war selig und befriedigt von allem, was schon vor ihnen aufgeboten wurde. Um bei der Essens-Metapher zu bleiben: Für mich eher ein zweites Dessert, was man gern noch mitnahm, aber eigentlich gar nicht mehr so sehr genoss. Liegt aber vielleicht daran, dass ich sie in den vergangenen Jahren schon öfter erleben durfte. Ein Erlebnis ist ihre Show nach wie vor. Also gaben wir uns ihnen hin. Heimgehen wollte eh noch niemand.
Sonntag, 30.07.
Line-Up: Paula Paula | Tristan Brusch | Dota Kehr
Nach einer kurzen Nacht und einem kräftigen Regenguss (den wir zum Glück liegend im Auto verbringen konnten) ging’s bei strahlendem Sonnenschein auch schon kurz nach dem Aufstehen weiter. Der letzte Tag. Immer mit ein wenig Wehmut und müden Knochen verbunden (und dem Wissen, dass man keinen leckeren Knypi trinken durfte, weil Autofahrerin). Doch musikalisch wartete ein verlockender Tag auf uns.
Paula Paula
Erst im Juni durfte ich Marlene (ihr richtiger Name) alias Paula Paula zusammen mit einer fantastischen Band auf ihrer „Schade kaputt“-Tour im heimischen Jena erleben. Damals vor 25 anderen Musikliebenden im Rosenkeller der Universitätsstadt, heute vor 2.000 Heimspiel-Fans auf der großen Bühne des schwiergerelterlichen Weinguts in Eltville. Zu meiner Freude und ebenso der übrigen Heimspieler:innen, darf nun auch Gastgeber Gisbert zu Knyphausen zum Instrument greifen und zwar als Bassist von Paula Paula. Auch der Rest der Band hat sich mit ganz viel Freude und Begeisterung in unsere Herzen gespielt. Spätestens mit der Sineád O’Connor-Hommage am Ende und einem respektvoll mitsingendem Publikum hatte sie für einige Gänsehäute gesorgt. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, in welche Richtung sich Paula Paula noch entwickelt und freue mich schon jetzt auf ein Wiedersehen.
Tristan Brusch
Im deutschen Pop-Business ist der Name Tristan Brusch nicht mehr wegzudenken. Ständig huscht er mir in Features durch die Ohren. Ich glaube zum ersten Mal erwischte es mich als ich die Spotify Session von Maeckes hörte und Tristan Brusch ihm bei einigen Songs ganz „Unperfekt“ mit seinem rauchig warmen Gesang unterstützte. Ich liebe es. Hört gern mal rein. In seine Diskografie bin ich noch nicht voll und ganz abgetaucht, aber das wird sich ab jetzt auf jeden Fall ändern. Denn das was ich zum Heimspiel hören durfte, hat sehr sehr viel Lust auf mehr gemacht.
Dota Kehr
Und da hätten wir unseren diesjährigen Abschluss-Act: Dota Kehr! Wie immer erfrischte sie uns mit ihrer liebevollen Art und Weise, ihren berührenden und charmant ehrlichen Texten, ihrem Witz und ihrer unfassbaren Energie UND…einem ganz wundervollen Duett mit Gisbert zu Knyphausen, der nun endlich auch ans Mikro durfte. Insgesamt ein fantastischer Abschluss eines fantastischen Festivals.
Und jetzt: Jetzt heißt es wieder ankommen! Playlists auffrischen! In die entdeckte Musik eintauchen! Und die Erinnerungen an dieses Festival-Erlebnis tief im Herzen wegschließen.
Für alle, die nun Lust bekommen haben dieses Festival auch einmal zu besuchen: Vom 26. – 28.07.24 heißt es wieder Heimspiel-Zeit. Aber Obacht, die Tickets sind meist recht schnell ausverkauft. Folgt einfach den Social-Media-Kanälen des Heimspiels und seid im Vorverkauf schnell.
Und wenn ihr jetzt Lust habt in die hier vorgestellten Künstler:innen reinzuhören, für euch hätte ich eine kleine Playlist. Voll mit Lieblings-Songs aus dem Heimspiel-Line-Up (plus zwei Maeckes/ Tristan Brusch-Songs). Viel Spaß beim Hören…und hoffentlich bis nächstes Jahr zum Heimspiel Knyphausen.
Eure Heike