Die Nerven – Runder, warmer und einladender Pop, NICHT!

DIE NERVEN – 02.12.2015, GrooveStation, Dresden –

Was hat eine bunte Boxershorts mit Alfons Zitterbacke gemeinsam? Zugegeben, im ersten Moment erscheint der Vergleich etwas verwirrend, aber wenn man zu einem Nerven Konzert geht, muss man einfach mit allem rechnen.

Im Vorfeld zu diesem Blog hatte ich mir überlegt, welche Worte für dieses Konzert, diese Musik an diesem Abend am zutreffendsten sein könnten, zumal typische Adjektive bereits im Netz verwendet wurden und das nicht nur einmal. Ich möchte gern den Sound der Nerven einfach als roh, rotzig, energetisch und unveredelt beschreiben, um euch mit Worten ein kleines bisschen ein Gefühl für den Sound der Nerven zu geben. Wer sie noch nicht kennt, dem lege ich sie wirklich ans Herz.

Wenn ich diese drei Typen sehe, muss ich automatisch an meine Schulzeit denken. Unangepasste, motzende, ihren eigenen Weg gehende Kerle sind das, vor denen mich meine Mutter früher immer gewarnt hatte. Wenn ich die Nerven höre, entsteht bei mir diese Dissonanz, welche ich schon im jugendlichen Alter verspürte, ich meine diese Dissonanz weder zu den coolen Typen noch zu den langhaarigen verschlissenen Punkern gehört zu haben. Diese fehlende Zugehörigkeit von früher kommt bei dem Sound der Nerven wieder hoch und macht, dass ich mich auf eine komische Art und Weise auch an diesem Abend wieder unkomplett fühlte. Und an diesem Abend standen drei Abgesandte der Vergangenheit vor mir auf der Bühne und spielten einen schroffen, knallharten Punk. Hörst du mir zu?

Ich weiß natürlich nicht, ob die Groovestation vertraglich einem höheren Lautstärkepegel zusagen musste oder nicht, ich in jedem Falle fand die Mischung an diesem Abend sehr prägnant. Weder zu scheppernd, selbst wenn die Welt aus Cellophan war, noch zu laut und alles übertönend. Der Gesang fand, unabhängig davon wer gesungen hat, durchgängig den Weg in den Gehörgang. Selbst eine spürbare Wut in den Songs konnte den ganzen Sound nicht zerkratzen.
Es war ein abgeschranztes geiles Vergnügen diesen drei Jungs zuzuschauen. Julian Knoth, seines Zeichens Basser, Alfons Zitterbacke Double und Sänger im Wahn, führte vollkommen ohne Schnörkel, gesanglich geradlinig durch`s Schnittgerinne, die Konzentration blieb voll und ganz auf dem Sound und natürlich auf IHM. Denn darauf lief für mich alles hinaus. Aber dazu später mehr. Hatte Julian Knoth`s Mikrofon Sendepause, stand Gitarrist Max Rieger gesanglich seinen Mann. Einige Male erwischte ich mich, wie ich ungeplant ins Schweben abglitt, hatte ich mir doch fest vorgenommen, IHM die meiste Aufmerksamkeit zu widmen.

Und ich lehne mich weit raus, wenn ich behaupte, dass selbst Herr Knoth und Herr Rieger mit ihren Instrumenten nur IHM Spalier standen. Mit IHM meine ich natürlich Kevin Kuhn! Schlagzeuger, Taktgeber, charismatische Rampensau und positives Enfant Terrible der Nerven, Träger der buntesten Boxershorts die ich je gesehen hatte. Ich kann das was KK bei diesem Konzert geschlagen hat, nicht annähernd in Worte packen, um ihm gerecht zu werden. Rhythmuswechsel, Übergänge in Pausen, in lange Pausen und Einsätze zurück in treibende Parts der Songs „zelebrierte“ KK als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Wer ihn einmal gesehen hat, weiß wovon ich rede. Ob Songs vom ersten, zweiten oder dritten Album gespielt wurden, habe ich nicht wirklich registriert, war ich doch eingewickelt und fasziniert vom Schlagspiel Kevin Kuhn`s. Da spielte eine sich verschiebende Bassdrum auch nur eine untergeordnete Rolle. Für mich war Kevin Kuhn an diesem Abend eine Art Marionettenspieler. Wir alle in der Groove, Fans, Wahnsinnige, Bandmitglieder und selbst Gabi und Jenser hatte er mit seinem Spiel fest im Griff und trieb uns teilweise vor sich her. Ich liebe es, das alles subjektiv betrachten zu können und mich nicht darum kümmern zu müssen, ob es jeglicher Grundlage entbehrt oder nicht.

Aber selbst ein fantastisch schroffes Konzert ist irgendwann vorbei. Was bleibt, sind die Eindrücke die sich eingebrannt haben und meinen Kopf wohl nie mehr verlassen werden. Eine schnörkellose, ehrliche Band mit einem berauschenden Schlagzeuger. Ein offener Gedanke an die Vergangenheit und die Wut, die ab und an auch mal raus muss, nehme ich mit.

Nun, mein Chérielein will auch noch was sagen 😉

(Chérie): Ja gern, ich will meinen Senf noch unbedingt dazugeben!

 Was gibt es aus meiner Sicht über „die Nerven“ zu sagen? Ich hatte vorher noch nicht viel von ihnen gehört! Ich war gerade in Dresden und da wird gefälligst der Herzmann zum Konzert begleitet. Und so grundsätzlich gegen meinen Geschmack geht der Sound der Nerven ja nun auch nicht. Natürlich, vorbildlich wie ich bin, bereite ich mich auf die Konzerte, die ich besuche mittel- bis kurzfristig vor, d. h. Spotify an und in die Musik eintauchen. Der Sound war erst mal komplett anders und gewöhnungsbedürftig, als das, was ich aktuell höre. Hervorzuheben sind zwei Songs: „Gerade deswegen“ und „Barfuß durch die Scherben“: 

Ich war sehr gespannt auf das Konzert, nicht nur weil es den Auftakt für meinen 1-wöchigen Urlaub in Dresden bildete, sondern auch, weil ich einfach gespannt war auf die Live-Performance dieser Band. Auf was ich mich besonders freute: ich hatte endlich mal wieder die Chance mich punkig zu fühlen, dementsprechend zog ich los, mit Löchern in der Hose, Chucks an den Füßen und blauem Lack auf den Nägeln. Herrlich, jetzt war ich gewappnet!

Die-Nerven-GroovestationDie Groovestation, für mich der erste Besuch, glänzte mit Individualität und Urigkeit. Ich fühlte mich, als gehörte ich genau hier hin und das typische Neustadt-Flair verzauberte mich auf Anhieb! Von der Vorband bekamen wir leider nicht viel mit, sorry Levin goes Lightly, wir waren etwas zu spät.

Die ersten Takte erklungen! Hui, schnell noch ein Bier geholt und ganz nach vorn ins Getümmel gedrängelt. Es war ein Feuerwerk und wir waren nun mittendrin! Ich hatte das Gefühl, mein Herzschlag passte sich dem Rhythmus des Schlagzeuges an und übertrug sich 1 zu 1 auf meinen ganzen Körper, der sich nur noch bewegen wollte. Ich lies ihm freien Lauf…bis zum Schluss und ich hätte noch Stunden weiter tanzen können und dieser fantastischen Band zuhören können! Alles in allem ein grandioses Konzert einer großartigen Band und wiedermal auf Empfehlung von meiner liebsten Musikmuse, welche bei mir, auch wenn sie daran gezweifelt hatte, wieder einen Volltreffer landete.

Eure Zweikanalien

2 Gedanken zu „Die Nerven – Runder, warmer und einladender Pop, NICHT!

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